Die ISO-Norm 9241-110 wurde 2020 in neuer Auflage veröffentlicht und nennt die bisherigen „Dialogprinzipien“ nun „Interaktionsprinzipien“. Der Inhalt blieb im Kern gleich: Es geht um sieben grundlegende Gestaltungsprinzipien für Benutzeroberflächen, unabhängig vom Systemtyp. Die Umbenennung passt den Begriff internationaler an. Die Prinzipien sind weiterhin die abstraktesten und allgemeingültigsten Gestaltungsrichtlinien.
Aufgabenangemessenheit
Das Interaktionsprinzip „Aufgabenangemessenheit“ bedeutet, dass eine Benutzeroberfläche die Nutzer bei der Erledigung ihrer Aufgaben bestmöglich unterstützt – effizient, zielgerichtet und ohne unnötige Umwege. Hier eine etwas ausführlichere Beschreibung der drei Aspekte:
- Identifizierbarkeit der unterstützten Aufgaben:
Die Nutzer sollen leicht erkennen können, welche Aufgaben mit dem System durchgeführt werden können. Funktionen und Inhalte müssen klar strukturiert und logisch auffindbar sein – die Benutzer dürfen nicht lange suchen oder raten müssen. - Aufwandsoptimierung bei der Aufgabenerledigung:
Die Interaktion sollte so gestaltet sein, dass sie den geringstmöglichen Aufwand für die Nutzer bedeutet. Dazu gehören kurze Klickwege, sinnvolle Automatisierungen, verständliche Abläufe und die Vermeidung überflüssiger Eingaben. - Standardauswahlmöglichkeiten (Defaults):
Das System sollte intelligente Voreinstellungen anbieten, die für die meisten Nutzer oder in den meisten Situationen passend sind. Dadurch wird der Aufwand reduziert, und häufige Fehler lassen sich vermeiden.
Beispiel: Bestellformular
- Identifizierbarkeit der unterstützten Aufgaben:
Die Nutzer sehen klar, dass sie Produkte in den Warenkorb legen, eine Lieferadresse eingeben und eine Zahlungsart wählen können. Alles ist deutlich beschriftet und logisch in Schritte gegliedert. - Aufwandsoptimierung:
Wenn ein Nutzer bereits ein Konto hat, sind seine Adresse und Zahlungsdaten vorausgefüllt. Auch wird automatisch die passende Lieferoption anhand der Adresse vorgeschlagen. Das reduziert den manuellen Eingabeaufwand erheblich. - Standardauswahlmöglichkeiten:
Die gängigste Versandart (z. B. Standardversand) ist bereits vorausgewählt. Nutzer müssen sie nur ändern, wenn sie etwas anderes wünschen. Das beschleunigt den Prozess und vermeidet Fehler.
→ Dieses Beispiel zeigt, wie durch passende Gestaltung die Interaktion effizient, zielgerichtet und benutzerfreundlich wird – ganz im Sinne des Prinzips der Aufgabenangemessenheit.
Beispiel: Artikeldetailseite
- Identifizierbarkeit der unterstützten Aufgaben:
Die Seite zeigt klar ersichtlich alle relevanten Aufgaben an: Produktinformationen lesen, Varianten (z. B. Größe, Farbe) auswählen, Produktbilder betrachten, Produkt in den Warenkorb legen, Bewertungen lesen oder eine Frage zum Produkt stellen. - Aufwandsoptimierung:
Auswahlfelder für Größe und Farbe sind als Buttons gestaltet und sofort sichtbar. Informationen wie Verfügbarkeit oder Lieferzeit werden automatisch je nach Auswahl aktualisiert. Nutzer müssen sich nicht durch mehrere Seiten klicken, um alle Infos zu erhalten. - Standardauswahlmöglichkeiten:
Bei häufig gekauften Artikeln ist die beliebteste Variante (z. B. „Größe M“) voreingestellt. Wenn der Nutzer bereits Produkte dieser Kategorie gekauft hat, kann das System passende Empfehlungen oder voreingestellte Größen anbieten.
→ Diese Gestaltung reduziert den kognitiven Aufwand und macht die Seite intuitiv nutzbar – die Benutzeroberfläche passt sich der Aufgabe an, nicht umgekehrt.